Vorbereitung für die Champions League

Interview mit Prof. Dr. Stefan Denzinger über die Elektronische Patientenkurve und die digitale Zukunft

Vorbereitung für die Champions League

Vor etwas über einem Jahr wurde die Elektronische Patientenkurve (EPK) auf der letzten Station hier im Haus eingeführt. Ein guter Zeitpunkt, um zurück, aber auch nach vorne zu blicken. Wir haben darüber mit Prof. Stefan Denzinger gesprochen, dem Leiter der Arbeitsgruppe „Digitalisierung“ bei uns im Caritas-Krankenhaus St. Josef.

Herr Prof. Denzinger, heute gehört die EPK zum Stationsalltag. Wie weit war der Weg dahin?

Vor fünf Jahren hat sich die Führungsgruppe einstimmig für die EPK entschieden. Danach haben Kolleginnen und Kollegen der unterschiedlichen Professionen und Fachbereiche intensiv recherchiert, getestet und vor Ort besichtigt. Anschließend haben eine Projektgruppe und zukünftige Nutzer aus den einzelnen Bereichen gemeinsam mit dem Softwarehersteller an einem Konzept gefeilt. Als wir fertig für den Roll-Out waren, hat uns Corona überrascht. Da waren erst einmal andere Themen wichtiger. Letztendlich konnten wir dann aber Anfang 2021 mit unserer Station 4 als Pilotstation starten.

Wie lief die Einführung auf der Pilotstation?

Wenn ich es bildlich beschreiben darf, würde ich sagen, wir haben der Station 4 eine grüne Banane angeboten. Beim weiteren Roll-Out war die dann schon wesentlich gelber. Zum Beispiel haben wir das Medikamenten-Tool so eingestellt, dass bestimmte Medikamente, wie Abführmittel, auch von Pflegekräften verordnet werden dürfen und nicht nur von den Ärztinnen und Ärzten wie anfänglich vorgegeben. Die Station 4 hat sich hier stark eingebracht und ich bin dankbar, dass das ganze Team Lust hatte, die EPK zu testen. Ein Dankeschön gilt natürlich auch allen Teilprojektverantwortlichen aus den jeweiligen Bereichen/Kliniken, die bei der Erstellung der hausübergreifenden als auch bereichsspezifischen Formulare mitgewirkt haben. Wir wissen, dass die theoretische Erarbeitung nicht immer einfach war.

Wie sind Ihre Erfahrungen nach einem Jahr EPK?

In der Pflege ist das neue System sehr schnell und sehr gut angenommen worden. Aufgrund der Umstellung beim Medikamenten-Management gab es im ärztlichen Bereich ein paar Startschwierigkeiten, da sich der Zeitaufwand hier erst einmal verlängert hat. Inzwischen wollen auch hier die allermeisten das System nicht mehr missen.

Digitalisierung ist in der Klinikwelt ja in aller Munde. War die EPK dafür der Startschuss?

Für die Normalstationen war das der absolute Startschuss, wir stehen hier noch ganz am Anfang. Jetzt muss die ganze Klinik noch papierlos werden. Das wäre die Champions League bei der Digitalisierung in Kliniken. Alle Dokumente, die noch auf Papier unterwegs sind, in einen Laptop reinkriegen, das wird eine Mammut-Aufgabe. Aber wir gehen sie an. Dazu müssen wir jetzt erst einmal klären, welche Dokumente gibt es überhaupt, welche müssen wir beibehalten, welche davon lassen sich digitalisieren und auf welche kann man vielleicht sogar verzichten.

Ist ein papierloses Krankenhaus ein digitales Krankenhaus?

Jein. Das papierlose Krankenhaus ist ein Schritt dahin. Mein großer Traum ist ein eigenes Patientenportal, in dem die Patientinnen und Patienten schon vor ihrem Aufenthalt alle Unterlagen einsehen können und alle Infos, die für uns wichtig sind, eingeben können – ein bisschen wie beim Pre-Check-In im Hotel.

Selbst wenn das nur 50 Prozent nutzen würden, wäre das eine wahnsinnige Zeitersparnis für uns.

Das ist noch ein weiter Weg dorthin, wie es scheint. Was braucht es dafür?

Dafür braucht es vor allem Zeit, denn das ist ein extremer zeitlicher Aufwand – und ein gutes Team. Und hier möchte ich mich besonders bei Frau Fröber, Frau Süß und Herrn Obiedzinski bedanken, die mit mir in der Kern-Arbeitsgruppe „Digitalisierung“ sind und auch die künftigen Projekte begleiten werden.

Vielen Dank für das Interview, Herr Prof. Denzinger!